ROLL­STUHL­FECHTEN

Hil­fe­ruf für ukrai­ni­sche Rollstuhlfechter

15.03.2022

Der Aid­lin­ger Mau­rice Schmidt, Welt­klas­se-Fech­ter der SV Böb­lin­gen, sucht hän­de­rin­gend eine Blei­be für drei Sport­ler­kol­le­gen und deren Anhang.

„Einer der Sport­ler ist seit über einer Woche unter­wegs. Er war schon in Ungarn, aber er ist zurück Rich­tung West­ukrai­ne, um dort eine Frau ein­zu­la­den und sie eben­falls in Sicher­heit zu brin­gen. Es ist zum Ver­zwei­feln, und es ist schwie­rig, ihn zu errei­chen“, schil­dert Uwe Schmidt die Dra­ma­tik der Akti­on. Zusam­men mit sei­ner Frau und sei­nem Sohn Mau­rice Schmidt, Welt­klas­se-Roll­stuhlfech­ter der SV Böb­lin­gen, ist er auf der ver­zwei­fel­ten Suche nach bar­rie­re­frei­en Woh­nun­gen im Kreis Böb­lin­gen für drei ukrai­ni­sche Natio­nalfech­ter, die im Roll­stuhl sit­zen und mit ihrem Anhang Schutz suchen. „Ich hof­fe sehr auf Unter­stüt­zung, jede Hil­fe ist will­kom­men“, sagt dazu Mau­rice Schmidt.

Olek­san­dr Yako­vets hat bereits mit Freun­din, Schwes­ter und zwei Kin­dern in einem Sin­del­fin­ger Hotel Zim­mer bezo­gen. Viel­leicht ist er sogar schon ein Stück­chen wei­ter, denn am Mon­tag­abend hat sich Uwe Schmidt ein Gäs­te­haus in Aid­lin­gen ange­schaut. Ist auch die­ses roll­stuhl­ge­recht, dann ist der ukrai­ni­sche Roll­stuhlfech­ter nicht nur in Sicher­heit, son­dern erst ein­mal im Hafen. Roll­stuhl­ge­recht schon am Ein­gang und nicht erst innen soll­te sie sein, denn der Mann ist von der Hüf­te ab querschnittgelähmt.

Umweg über Slowenien

Bei den bei­den ande­ren ist die nahe Zukunft kom­plett unge­wiss. „Im Moment ist Dmy­t­ro Seroz­hen­ko mit sei­ner Frau auf dem Weg von Slo­we­ni­en nach Böb­lin­gen. Ich hof­fe, er kommt am Diens­tag an“, sagt Uwe Schmidt. Und dann ist eben noch der drit­te Sport­ler, von dem im Moment nichts zur hören ist, der ver­mut­lich aber mit zwei ihn beglei­ten­den Per­so­nen nach Deutsch­land kommt. Der Hil­fe­ruf der Aid­lin­ger Fami­lie stößt auf Wider­hall. Am Sonn­tag hat­te Ange­li­ka Schmidt ihrem Sohn Mau­rice gehol­fen, den Auf­ruf im Netz zu streu­en. Außer­dem gab es eine direk­te Kon­takt­auf­nah­me mit den Gemein­den Aid­lin­gen, Holz­ger­lin­gen und Gärt­rin­gen. Letz­tes des­halb, weil die Ukrai­ner über den dort woh­nen­den Böb­lin­ger Fecht­trai­ner Gavrila Spiridon wei­te­ren Anschluss hät­ten. Die Sport­ler ken­nen sich über die jewei­li­gen Natio­nal­mann­schaf­ten. Unter ande­rem kreuz­ten sich bei den Para­lym­pi­schen Spie­len von Tokio die Klin­gen, „und wir ken­nen uns auch von einem gemein­sa­men Trai­nings­la­ger in Odes­sa“, so Mau­rice Schmidt. Immer wie­der bekommt Uwe Schmidt neue Kon­tak­te und Hin­wei­se auf poten­zi­el­le Woh­nun­gen. Kon­kre­te gab es bis­her aus Schö­naich, Holz­ger­lin­gen und eben aus Aid­lin­gen. Dabei gebe es neben der Bar­rie­re­frei­heit kei­ner­lei Ansprü­che. „Die drei Sport­ler sind so höf­lich und beschei­den, ganz arg net­te Jungs. Sie kom­men mit dem Auto, wür­den es also auch selbst­stän­dig zum Trai­ning ins Fecht­zen­trum schaf­fen“, sagt Uwe Schmidt. Denn auch das Ziel: über den Sport schnell Anschluss zu fin­den und wenigs­tens für Momen­te die Köp­fe freizubekommen.

Der Sport macht vor, wie man Wer­te lebt

Vor dem Trai­ning gibt man sich die Hand, nach dem Wett­kampf schaut man sich in die Augen. Es braucht Dis­zi­plin und Beharr­lich­keit, um Leis­tungs­gren­zen zu ver­schie­ben. Anstand, Höf­lich­keit und Respekt machen ein lang­fris­ti­ges Mit­ein­an­der mög­lich und las­sen Freund­schaf­ten ent­ste­hen. Mut und Kraft über­win­den Gren­zen. Dazu Inte­gra­ti­on, Ver­ant­wor­tung, Ver­läss­lich­keit: Der Sport lehrt Wer­te und lässt die­se nicht wie lee­re Hül­sen ste­hen. Wer ein Bei­spiel dafür sucht, wel­chen Sinn der Sport abseits von Trä­nen und Tri­um­phen hat: Bit­te­schön, die Hilfs­ak­ti­on der Aid­lin­ger Fami­lie Schmidt ist mus­ter­gül­tig. Und so, wie der Sport schon immer Vor­bil­der schuf, so ist auch das hier nach­ah­mens­wert. Wären wir jetzt im Sta­di­on, wir müss­ten klatschen.

Juergen.​Wegner@​szbz.​de

So kön­nen Sie helfen

Wer den ukrai­ni­schen Roll­stuhlfech­tern und deren Beglei­tung hel­fen will, schreibt über die Adres­se info@​mdv-​consulting.​de eine E‑Mail an Uwe Schmidt.

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